Vorgestern, ja Vorgestern, da war ich das erste mal in meinem Leben auf einer Bluescht-Fahrt. Bluescht, was nichts anderes als Blüten bedeutet, verbunden mit einer Fahrt im Auto.
Hier bei uns im Baselbiet ist die Bluescht-Fahrt (wahlweise mit Auto, ÖV, auf Schusters Rappen oder Velo) während der Kirschblütenzeit in vollem Gange. Da sieht man Jung und Alt unter und an den Kirschbäumen vorbei wandeln und die Blüten bestaunen. Da macht sich ein 'Ahh' und 'Ohh' breit, denn wenn sich die Bäume in voller Pracht zeigen, ist das ein wirklich wunderbarer Anblick und macht einem wieder mal so richtig die Jahreszeiten und Schönheit der Natur bewusst.
Nun, ich war also im Auto unterwegs, auf dieser berühmt berüchtigten Fahrt, die ich seit jeher als etwas angesehen habe, was nur die 'Alten' machen. Das soll nicht despektierlich klingen, denn mit den 'Alten' habe ich in Bezug auf Bluescht-Fahrt ihre eingeschränkte Mobilität verbunden, so dass zur Fortbewegung ein Auto benötigt wird.
Aber jetzt war es auch bei mir soweit: ich bestaunte die Blüten vom Auto aus. Nicht, weil ich etwa immobil war, sondern die Freundin, die zur Zeit leider nicht gut zu Fuss ist.
Trotz aller Vorbehalte machte ich mich froh gelaunt mit Auto und Freundin auf den Weg. Hügel auf, Hügel ab, mal normale Strassen, mal etwas, dass noch als Strasse durchgehen konnte, fuhren wir Kurven um Kurven im Baselbiet umher. Teils waren die Strassen so schmal, dass ich, um dem entgegenkommenden Auto ausweichen zu können, ein Stück rückwärts fahren musste, damit ich an einer breiteren Stelle zur Seite fahren konnte. Mal war ich anderen Autofahrern nicht schnell genug, die offensichtlich kein Interesse an den Kirschbäumen hatten, sondern nur so rasch als möglich von A nach B kommen wollten.
Wir starteten in Sissach und fuhren als erstes die Sissacher Flueh hoch. Ich muss gestehen, dass ich noch nie dort oben war und stellte mir vor, dass wir von dort oben eine wunderbare Rundumsicht aufs Baselbiet haben würden. Doch dem war nicht so: Das Plateau, welches sich auf 700 Metern Höhe befindet, war umgeben von Wald, vielen Wanderwegen und noch mehr Wanderern. Ich gebe es zu: ich war etwas enttäuscht. Und noch enttäuschter war ich, als ich nach der Heimkehr im Internet las, dass es dort sehr wohl eine Aussichtsplattform gibt, die einen herrlichen Blick ins Baselbiet gewährt. Dazu hätten wir nur wenige Schritte durch die Bäume gehen müssen...So ein Mist...äh, ich meine natürlich: Schade. Vielleicht aber beim nächsten Mal, denn jetzt habe ich ein Ausflugsziel mehr auf meiner Liste.
Wir gönnten uns also eine kleine Rast im dortigen Restaurant (schliesslich ist auch Autofahren anstrengend, ...hüstel...) und machten uns weiter auf den Weg Richtung Wintersingen. Die Fahrt, die ständig auf und ab führte, liess uns Dörfer passieren, die wir nicht mal vom Namen her kannten. Und wir staunten auch über die schöne Baselbieter Landschaft. Es war einfach herrlich.
Weniger herrlich wurde es nach etwa zwei Stunden Fahrt. Ich hatte nach dem ständigen Rauf-Runter-Linkskurve-Rechtskurve langsam das Gefühl, auf einem Schiff mit Seegang unterwegs zu sein. Mein Magen begann zu rebellieren und ich wusste: so fühlt sich die Seekrankheit an. Auch der Freundin wurde es langsam übel, ich war also nicht alleine. Nun stellt sich natürlich die Frage: lag es an meine Fahrkünsten? An den Strassen? Ist die Federung am Auto noch in Ordnung? Zuwenig im Magen? Ach, wer weiss. Was ich aber weiss, ist, dass wir beide bei der Heimkehr mit Übelkeit zu kämpfen hatten. Ich mehr, die Freundin zum Glück weniger. Ich musste mich erst mal eine Stunde auf den Boden legen, um meinen Magen zu beruhigen, aber das half wenigstens.
Mein Fazit zu diesem Ausflug: selten habe ich mich so alt gefühlt, wie bei dieser Bluescht-Fahrt weil, eben...in meiner Vorstellung sowas nur die Alten machen. Selten ging es mir so übel nach einer Autofahrt. Und viel zu selten habe ich die wunderbare Landschaft des Baselbiets so bewusst zur Kenntnis genommen, wie auf dieser Fahrt.
Es hat sich also gelohnt, unterwegs zu sein, auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass ich jemals wieder in diesen Hügeln so eine lange Fahrt am Stück machen werde. Ihr wisst schon: Übelkeit und so...
Solltet ihr euch für das Baselbiet interessieren, gibt es jede Menge Informationen und Ausflugtipps auf: www.baselland-tourismus.ch
Kleiner Fakt am Rande: Wusstet ihr, dass es selbstbefruchtende Kirschbäume gibt und solche, die von 'fremden' Bäumen befruchtet werden müssen? Handelt es sich um keinen selbstbefruchtenden Kirschbaum, unternimmt dieser alles, um Inzucht zu vermeiden. Denn wenn die Insekten von Blüte zu Blüte gehen und die Pollen desselben Baumes mit sich herumtragen, würde dieser Baum ja Inzucht begehen. Wenn Pollen auf die weiblichen Organe kommen, wachsen sogenannte Pollenschläuche, die erkennen können, ob es sich um die Pollen des eigenen Baumes handelt. Sollte dies der Fall sein, lässt der Pollenschlauch diese Blüten absterben. Solch ein Baum braucht folglich die Pollen eines fremden Kirschbaumes, damit eine Blüte Früchte tragen kann. Solltet ihr also einen Kirschbaum haben, der zwar viele Blüten aber jedes Jahr keine oder kaum Kirschen trägt, könnte es daran liegen, dass dieser nicht selbstbefruchtend ist und es in der Nähe vermutlich auch keinen weiteren oder nur sehr wenige andere Kirschbäume gibt.
Also, macht es euch schön und geniesst den Frühling
Corinna
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