Um was geht es hier? Was ist denn das? Noch nie gehört? Das verwundert mich nicht, denn auch ich bin erst in einem Roman der isländischen Schriftstellerin Yrsa Sigurdadottir darauf gestossen. In ihrem Buch 'Nacht' gewährt sie in einer Nebengeschichte einen Einblick in das Tun eines isländischen Bauern, der vom Blut seiner Stuten lebt.
Das Thema beschäftigte mich am Ende der Lektüre schon fast mehr, als der übrige Inhalt des Buches (wobei dieser Roman wieder sehr spannend und packend geschrieben ist).
Doch, wobei geht es nun bei diesen Blutstuten? Das, was ich dabei herausfand, finde ich einfach schrecklich.
Auf sogenannten Blutfarmen in Argentinien und Uruguay wird tausenden von trächtigen Stuten Blut entnommen, um das Hormon PMSG (Pregnant Mare Serum Gonadotropin) daraus zu gewinnen. Dieses Hormon wird in den ersten 4 bis 5 Monaten der Trächtigkeit gebildet. Die Pferde werden dazu in Gatter getrieben, nötigenfalls mit Gewalt (was wohl immer der Fall sein dürfte). Dort werden die Köpfe hochgebunden, damit mit einer dicken Kanüle in die Halsvene gestochen werden kann. Dies selbstredend ohne jegliche lokale Betäubung.
Einmal pro Woche wird nun jeder trächtigen Stute während etwa 8 Wochen jeweils 5 Liter Blut abgezapft, das heisst, sie verliert in dieser Zeit etwa 40 Liter. Dies ist mehr Blut, als die Stute als Gesamtvolumen überhaupt hat. Hat die trächtige Stute ihre Schuldigkeit getan, wird das Fohlen entweder manuell (in dem die Fruchtblase von Hand aufgeschnitten wird) oder medikamentös abgetrieben, sofern es die Stute nicht schon zuvor wegen der Qualen auf 'natürlichem' Wege verloren hat.
Die Folgen dieser Qualen für die Stuten sind ebenfalls verheerend. Über Volumenmangelschock, Thrombosen und Entzündungen an der Einstichstelle bis hin zum Tod der Stuten, die Tiere haben viel zu erleiden.
Ziel der Züchter ist es, die Stuten zwei mal pro Jahr trächtig zu halten, was pro Stute etwa 80 Liter Blut ergibt.
Das daraus gewonnene Hormon PMSG wird nun teuer verkauft. Aktuell liegt der Preis etwa bei 100 Gramm für 1 Million Euro. Das Ganze ist also äusserst lukrativ. Sehr viel lukrativer als der Verkauf von Fohlen...
Das Hormon wird vorwiegend in der Schweinezucht eingesetzt: damit ist es den Schweinezüchtern möglich, den Zyklus ihrer Schweine zu synchronisieren: ihre Sauen können gleichzeitig künstlich von Besamungsingenieuren aus der Agrarindustrie besamt werden, werden zugleich trächtig, werfen alle im Abstand von 2-3 Tagen, die Ferkel werden gleichzeitig gemästet und zum Metzger gebracht. Dies alles zur Gewinnoptimierung.
Auch in der Schweiz wird PMSG zur Schweinezucht eingesetzt, allerdings ging der Verbrauch von etwa 10 Prozent zur Zucht verwendeten Dosen in den letzten Jahren auf 1 bis 2 Prozent zurück. Mittlerweile wird auch synthetisch hergestelltes PMSG eingesetzt. Warum dies nicht generell anstelle vom natürlichen PMSG benutzt wird, konnte ich nicht herausfinden. Bei schweizerischem Schweinefleisch mit Biolabel ist der Einsatz von PMGS grundsätzlich verboten.
Doch was hat nun Island mit diesen Blutfarmen zu tun? Ganz einfach. Nachdem die katastrophalen Zustände der Blutfarmen und die Qualen der trächtigen Stuten in Südamerika bekannt, dokumentiert und der Import gestoppt wurde, wurden diese teils nach Island verlagert. Dies mit der Begründung, dass die Blutentnahme nun Tierschutzgerecht erfolgt. Ob dem so ist: ich weiss es nicht, aber ich glaube kaum. Im übrigen ist in Island geplant, die zur Zeit aus ca. 5'000 Blutstuten bestehenden Farmen in den nächsten Jahren auf 20'000 zu vergrössern. Ich frage mich: wer kauft all das PMSG? Scheinbar ist die Gewinnung davon so profitabel, der Markt gross genug, um zu vergrössern...
Doch nicht nur Island betreibt solche Blutfarmen, auch in Deutschland ist mindestens eine solche Farm in Thüringen bekannt. Unter welche Umständen dort das Blut abgenommen wird, konnte ich auch nicht herausfinden, doch unter dem Begriff 'Tierversuch' dürfen die Betreiber das offiziell machen. Obschon 'Tierversuche' gemäss gesetzlichen Bestimmungen 'unerlässlich' sein müssen, um bewilligt zu werden, sind die dortigen Behörden nicht eingeschritten. Im Gegenteil wurde die Genehmigung ohne Prüfung von den Behörden bis Mitte 2025 weiterhin bewilligt.
Ehrlich gesagt, wenn es um die Gewinnung tierischer Produkte ging, habe ich mir Gedanken um die Haltung der Tiere gemacht: wieviel Platz, drinnen oder draussen, was bekommen sie zu fressen...gibts da Genmanipulationen...aber auf welchem Wege die Tiere gezeugt werden, das hatte ich definitiv nicht auf dem Schirm. Aber es ist ein Grund mehr für mich, bei Bioprodukten zu bleiben.
Aber man lernt ja nie aus. Und vielleicht hat euch der Artikel auch neue Erkenntnisse gebracht, so dass wir alle den Tieren gegenüber aufmerksamer werden.
Bis zum nächsten Mal
Corinna
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