Nachdem ich euch letzte Woche auf den Spuren Sherlock Holmes den Reichenbachfällen entlang in das gleichnamige Museum geführt habe, nehme ich euch heute mit in die Aareschlucht.
Unser Augangspunkt war oberhalb der Wasserfälle, dort wo sich der Weg dreiteilt: einer hoch nach Rosenlaui, der zweite auf dem Kulturweg zur Aareschlucht und der letzte den Wasserfällen entlang nach unten, direkt nach Meiringen. Unser Ziel war der Eingang Ost der Aareschlucht, also mussten wir grob in Richtung Innertkirchen gehen.
Wir nahmen also den Kulturweg, wanderten über mit groben Steinplatten belegte Wege durch den Wald und am Waldrand entlang bis zur Bushaltestelle Geissholz Hori. Dort überquerten wir die Strasse und liefen den Weg abwärts weiter bis zum Weiler Geissholz und dort die geteerte Strasse weiter nach unten. Während wir den Anblick der hübschen Chalets genossen, hielt auf einmal ein Auto neben uns und ein schon etwas in die Jahre gekommener Mann rief uns etwas zu. Leider verstanden wir ihn nicht auf Anhieb und dachten erst, wir hätten ihm den Weg auf der Strasse versperrt. Doch es stellte sich heraus, dass er uns darauf aufmerksam machen wollte, dass wir auf Trampelpfaden über die Wiesen gehen sollten, und nicht der Strasse zu folgen brauchten. Dankend nahmen wir seinen Tip entgegen und liefen gut gelaunt weiter.
Schliesslich erreichten wir die Hauptstrasse zwischen Meiringen und Innertkirchen, folgten dieser nach rechts, mussten die Strasse mehrmals überqueren bevor wir an den Abstieg zur Aareschlucht kamen. Auch hier mussten wir immer wieder die Hauptstrasse überqueren, rein in den Wald, raus aus dem Wald, über die Strasse und wieder rein in den Wald. Schliesslich standen wir vor dem Ost-Eingang.
Vor Betreten der Aareschlucht, könnt ihr auf der Terrasse eine kleine Erfrischung zu euch nehmen. Wir verzichteten darauf, da wir auf dem Weg dahin ein ausgiebiges Picknick zu uns nahmen und passierten gleich den Eingang.
Schon bei Betreten der Schlucht hört ihr das Rauschen und leise Gurgeln des Wassers. Die Temperatur ist angenehm, ein laues Lüftchen weht und wir sind gespannt, wie sich uns die Schlucht präsentieren wird. Über Holzstege, in die Wände eingelassene Wege und durch Tunnel werden wir die 1,4 Kilometer lange Strecke gehen. Über Jahrtausende wurde die Schlucht vom Gletscher und Wasser geformt. Immer wieder bieten sich neue Eindrücke und Aussichten auf die Schlucht.
Doch die Schlucht ist nicht nur interessant in Bezug auf Glaziologie und Geologie…nein, es gibt auch die Sage vom Tatzelwurm.
Der Tatzelwurm, der kleinere Verwandte von Drache und Lindwurm, soll vor allem in den Alpen und den Voralpen sein Unwesen treiben. Hier in der Aareschlucht treibt er sich heute sehr zum Gefallen der Kinder herum. Auf dem Weg durch die Schlucht können sich die Kleinen auf die Suche nach der Tatzelfamilie machen, die sich immer noch hier versteckt.
Den Legenden nach haben Tatzelwürmer einen reptilienartigen Körper und den Kopf eines Raubtieres. Sie leben in Stollen und Höhlen, die sie zum Teil selbst gegraben haben. Und obschon sie sehr scheu und zurückgezogen leben, sollen sie den Sagen nach, dem Menschen gefährlich werden können. So gibt es verschiedenste Legenden, in denen berichtet wird, wie Menschen von ihnen angegriffen und gar getötet worden sein sollen.
Berühmt ist in der Schweiz die Sage vom Tatzelwurm auf dem Berg Pilatus. Soll er doch dort Höfe überfallen und Vieh getötet haben. Die Bauern wollten ihn loswerden, nur getraute sich keiner an die Aufgabe heran. Schliesslich erklärte sich der verurteilte Mörder Heinrich von Winkelried bereit, den Kampf gegen den Tatzelwurm aufzunehmen. Zu verlieren hatte er ja nichts, als Mörder würde er ja eh hingerichtet werden, im besten Falle würde er den Wurm besiegen und mit der Freiheit belohnt werden.
Winkelried schnappte sich also sein Schwert, machte sich auf den Weg zur Höhle des Tatzelwurms, wo es zu einem erbitterten Kampf kam. Schliesslich gelang es Winkelried, dem Untier sein Schwert in den Leib zu rammen, woraufhin dieses starb. Als Zeichen seines Sieges reckte er sein Schwert in die Höhe, doch ein einziger Tropfen Blut, das vom Schwert auf seine Hand fiel, genügte, dass auch Winkelried auf der Stelle sein Leben aushauchte. Dumm gelaufen, kann ich da nur sagen!
Der Tatzelwurm in der Aareschlucht soll auch die Bewohner der Umgebung terrorisiert haben. Doch scheinbar war er nicht gar so gefährlich wie sein Artgenosse auf dem Pilatus. Im Jahre 1935 gelang es gar einem russisch-stämmigen Fotografen namens Balkin, ein Foto des Monsters zu machen. Kaum hatte er das Foto gemacht, begab er sich auf den Weg nach Meiringen, wo er im Hotel Bär erstmal einen kräftigen Schnapps zu sich genommen haben soll. Nachdem er seine Nerven beruhigt hatte, erzählte er von seinem Erlebnis.
Er liess das Foto entwickeln und schickte es an die ‚Berliner Illustrirte Zeitung‘. Ganz Europa war angeblich aus dem Häusschen, endlich gab es den Beweis für solch ein Monster. In der Folge schickte die Zeitung zwei Mal seine Mitarbeiter zur Aareschlucht, denn schliesslich sollte das Monster endlich gefasst werden. Dem Glücklichen, dem der Fang gelingen sollte, würden 1‘000 Reichsmark in die Hand gedrückt werden. Doch wie sich zeigte, liess sich das Ungeheuer nicht mehr blicken. Die Belohnung wurde nicht ausbezahlt, dafür schaffte es das Ungeheuer in einen Artikel der ‘Neuen Zürcher Zeitung‘. Und der Tourismus an der Aareschlucht? Na, der kam erst recht in die Gänge damals. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt 😉.
Zwei Löcher in der Felswand. Nichts besonderes, beinahe unauffällig und man könnte achtlos daran vorbei gehen wenn…ja, wenn nicht eine Infotafel etwas zu den zwei Löchern zu erzählen hätte.
Bei diesen beiden Löchern handelt es sich um Kavernen. Anfangs der 40er Jahre wurden rund 15‘000 Kubikmeter Fels rausgesprengt, um dort Kavernen für das 3. Armeekorps zu bauen. Das Korps sollte dort im Falle eines Angriffs sicher untergebracht werden. Die grössere der beiden Kaverne wurde zu einem Schlafplatz für 185 Soldaten ausgebaut, die kleinere Kaverne beinhaltete die technischen Installationen. In einem Tunnel sollte ein Zug mit Aufenthalts-, Büro- und Essräumen installiert werden. Doch durch die Kriegswirren wurden die Korps neuen Regionen zugewiesen und nun war das 2. Armeekorps für das Haslital zuständig. Aus nicht gänzlich geklärten Gründen räumte der Kommandant des 2. Korps die fertig gestellte Unterkunft wieder aus. Seither stehen die Kavernen leer.
Ein Bericht eines Zeitzeugen lautet: ‚Die Kaverne war für mich ein Luxusbau. Holztäfer, Heizung, Wasserzufuhr, Toilette mit Spülung, elektrische Beleuchtung…Für uns Williger, die wir das Wasser für den Haushalt zum Teil noch aus dem Dorfbrunnen oder gar aus dem Lugibach holen mussten, erschien die Kaverne als Palast. Der gesamte Einbau war fix und fertig, als von einem Tag auf den anderen der Befehl zum Herausreissen und Zerstören der Arbeit gegeben wurde. Verständnis hatten wir dafür nicht.‘
Ich muss gestehen: im ersten Moment, da ich von den Kavernen las, dachte ich nur, wie schrecklich es gewesen wäre, wäre man dort stationiert worden. Aber im Kontext zum Bericht des Zeitzeugen, hat sich meine Ansicht diesbezüglich geändert.
Doch nun genug vom 2. Weltkrieg und den Kavernen, weiter gehts in der Aareschlucht.
Bei diesem Tea Room endet unser Weg durch die Schlucht. So hübsch das obige Häusschen auch aussieht, so wenig macht es den Eindruck, bewirtschaftet zu werden. Doch wenige Schritte nebenan gibts ein Selbstbedienungsrestaurant mit Kiosk. Also sollte sich nach dem Weg noch der eine oder andere Gluscht einstellen, nichts wie hin.
Ich hoffe, ich konnte euch Neues und Interessantes über die Aareschlucht erzählen und auch wenn die Aareschlucht ein bekanntes Ausflugsziel in der Schweiz ist, gibt es doch die ein oder andere Geschichte, die nicht jeder kennt. Ihr jetzt aber schon 😊.
Bis zum nächsten Mal.
Corinna
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