...und die wesentliche Frage ist: welches Gesicht gibst du ihr? Und was bedeutet Freiheit für dich?
Ja, wieviele Gesichter könnte die Freiheit denn haben? Na, was meinst du?! Also ich behaupte mal, die Freiheit zeigt soviele Gesichter, wie die Menschen Ansichten dazu haben…
Das, was der Eine als Freiheit bezeichnet, wäre für den Anderen ein Gefängnis. Und das, was für den anderen Freiheit bedeutet, würde dem Nächsten nur Stress verursachen.
Freiheit gibt es meines Erachtens nicht einfach umsonst. Sie hat ihren Preis. Auch wenn wir in unseren Breitengraden davon ausgehen, dass wir alle Freiheiten der Welt haben: ist dem wirklich so?
Klar, als Frauen haben wir heute sehr viel mehr Freiheiten als noch vor 50 Jahren. Wir können so gut wie jeden Beruf erlernen, Familienformen leben, die früher undenkbar waren. In meiner Kindheit war es noch so, dass der Ehemann seine schriftliche Einwilligung geben musste, wenn die Frau wieder zur Arbeit gehen wollte. Grössere finanzielle Transaktionen mussten ebenfalls vom Ehemann bewilligt werden, ganz zu schweigen vom Wahlrecht für die Frauen, dass erst sehr spät im Jahre 1971 Einzug in die Schweiz hielt und im Kanton Appenzell gar erst im 1990. Doch fühlten sich damals alle Frauen deswegen unfrei? Ich denke nicht.
Laut Wikipedia bedeutet Freiheit die Möglichkeit, ohne Zwang zwischen verschiedenen Optionen auswählen zu können. Aber geht es bei Freiheit immer nur um Entscheidungen? Oder auch um Gefühle?
Die Frage ist doch die: wodurch fühle ich mich in meiner Freiheit beschränkt? Was gibt mir überhaupt ein Gefühl von Freiheit? Und wo bin ich bereit, auf Freiheit zu verzichten?
Ich persönlich fühle mich dann in meiner Freiheit eingeschränkt, wenn ich zu irgendwas gedrängt werde, was mir gegen den Strich geht. Egal, worum es dabei geht: es liegt dann in meiner Verantwortung, diesem Drängen nachzugeben oder standzuhalten. Die Konsequenzen habe ich schliesslich auch auszubaden. Und auch wenn die Situation identisch sein mag: du würdest dich vielleicht ganz anders entscheiden als ich. Und das liegt wohl an unserer Vorgeschichte, Erfahrungen, Vorlieben, Charakter, Umfeld, aktueller Situation etc.
Was mir ein Gefühl von Freiheit gibt? Wenn ich meine Zeit völlig frei von irgendwelchen Terminen einteilen kann…früher, als ich noch Töff fuhr und einfach die Fahrt geniessen konnte, wenn ich draussen in der Natur bin und mich über Wind und Wetter freue…Ihr bemerkt es vielleicht schon: das Gefühl von Freiheit hat bei mir viel mit kinästhetischen Erlebnissen zu tun (kineo = bewegen und aisthesis=Wahrnehmung/Erfahrung).
Und dann gibt es noch die Situationen, in denen ich auf meine Freiheit verzichte: sei es, dass ich diesem oder jenem Fall die angebliche Freiheit nicht als solche empfinde oder dass der Schaden, den ich bei Anspruchnahme meiner Freiheit zu gross wäre.
Das Wort Freiheit ist nicht einfach zu erklären, empfindet doch jeder von uns etwas anderes als frei.
Aber es gibt eine Art von Freiheit, die uns keiner nehmen kann: die Freiheit unserer Gedanken, egal wo wir sind. Die äusseren Umstände alleine bestimmen nicht, ob wir uns frei fühlen. Dies erzählt Viktor Frankl eindrücklich in seinem Buch ‚Trotzdem Ja zum Leben sagen‘.
Doch wie gesagt: Freiheit hat immer ihren Preis. Und einer davon lautet Verantwortung übernehmen, die Verantwortung für sich und die Konsequenzen zu übernehmen.
Oder was meint ihr dazu?
Corinna
Toller Beitrag!