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Die Schöllenenschlucht

Corinna

Mitten im Felsmassiv im Urserntal des Kanton Uri liegt die Schöllenenschlucht. Beim Anblick dieser Schlucht rauscht nicht nur die Reuss und der Verkehr hörbar an euch vorbei, auch der Zug rattert lautstark auf dem Gleis von Nord nach Süd und umgekehrt. Ihr merkt: es ist nicht der leiseste Ort, diese Schöllenenschlucht. Aber sie ist beeindruckend!


Einst war sie ein schwer überwindbares Hindernis, um vom Norden über den Gotthard in den Süden zu gelangen. Doch weder für die Ursener noch für den Teufel war das Hindernis gross genug, um nicht doch Abhilfe dagegen zu erschaffen. Doch dazu später mehr.


Die Schöllenenschlucht: Blick vom Suworow Denkmal aus in den Norden, links oben die Autostrasse, darunter der Weg, der von der Teufelsbrücke durch die Schlucht nach Andermatt führt.

Bevor die Schöllenen vor hunderten von Jahren mit einer Brücke über die Reuss passiert werden konnte, musste die von steil abfallenden Felswänden begrenzte Schlucht erstmal begehbar gemacht werden. Bis dahin konnte diese nämlich nur umständlich und zeitraubend auf Nebenwegen umgangen werden. Es stellte sich heraus, dass das Gestein für den Bau eines richtigen Weges zu hart war und so machte gemäss einer Überlieferung um 1220 herum ein Schmied aus Andermatt oder Göschenen den Vorschlag, mittels Holzbrettern einen Steg zwischen die Felswände zu montieren. Wahrscheinlich waren es dann die Walser, die dank ihrer technischen Fähigkeiten den Bau durchführen konnten. Und das soll dann so ausgesehen haben:



Quelle: Theodor Barth - illustration for Der Schmied von Göschenen (reproduced in J. Feinaigle, Gründungsgeschichte der Schweiz 1980)

Diese erste Brücke, die sogenannte Twärrenbrücke , gab es bis 1707. Der Name Twärren leitet sich übrigens von den quer liegenden Hölzern ab.


Doch bereits um die 1585 wurde die erste Steinbrücke erbaut und da der Teufel bei dieser Brücke die Finger im Spiel hatte, wurde auch die Teufelsbrücke das erste mal urkundlich erwähnt.


Inszenierung der Sage um die Teufelsbrücke. Unter derselben wird seit 2022 mit Multimediatechnik auch noch die Kutsche über den Gotthard und der Handel inszeniert. Toll gemacht, finde ich.

Wie bereits erwähnt, war das Erschliessen der Schöllenenschlucht extrem schwierig, und damit auch der Bau einer Brücke. Frustriert soll der damalige Landammann ausgerufen haben: "Da soll doch der Teufel eine Brücke bauen!" Kaum ausgesprochen, erschien der Teufel persönlich und offerierte die Brücke. Als Entschädigung wollte er die erste Seele haben, die die Brücke überquerte. Die Urner berieten sich und willigten schliesslich ein. So stand schon drei Tage später die Brücke über der Reuss und der Teufel freute sich auf seine erste Seele. Doch die Urner waren ja auch nicht auf den Kopf gefallen und so schickten sie als erstes einen Ziegenbock über die Brücke. Voller Wut zerriss der Teufel den armen Bock und suchte sich einen grossen Stein, den er auf die Brücke werfen wollte. Glücklicherweise kam zur selben Zeit ein altes Mütterlein daher, erkannte den Teufel und meinte zu ihm, er solle doch erst noch etwas rasten, da dieser gar stark am schwitzen war. Der Teufel machte eine kleine Pause, das Mütterlein nutzte die Zeit und ritzte ein Kreuz in den Stein. Als der Teufel den Stein wieder aufnahm und dies sah, verfehlte er vor Schreck sein Ziel und der Stein landete in Göschenen.


Diesen Stein gibt es übrigens heute noch. Mit seiner Grösse von 13 Metern und einem Gewicht von 2000 Tonnen (kein Wunder kam der Teufel ins Schwitzen!), steht dieser Granit in Göschenen und ist bekannt unter dem Namen 'Teufelsstein'. 1973 musste er allerdings wegen dem Bau der Autobahn von seinem ursprünglichen Platz weichen und wurde um 127 Meter verschoben. Heute gehört dieser Stein der Naturforschenden Gesellschaft Uri, die vertraglich verpflichtet ist, den Stein 'bis ans Ende aller Tage zu bewahren'.


Leider hielt diese Brücke nur bis 1640, dann wurde sie durch ein Unwetter zerstört und das Urserntal überschwemmt. Bis die Brücke repariert wurde, musste die Schöllenenschlucht wieder mühsam umgangen werden. Zu diesem Zeitpunkt war aber auch klar: der Verkehrsweg musste besser und sicherer ausgebaut werden, da sowohl die Reisenden als auch der Handelsverkehr immer mehr zunahmen.


1707 erhielt der Festungsbaumeister Pietro Morettini den Auftrag, einen Tunnel durch den Fels zu bauen, um so die Route sicherer zu machen. Dieser Tunnel hatte eine Länge von 64 Metern und wurde bereits am 15. August 1708 fertig gestellt. Doch der Bau kostete viel mehr, als geplant. Sein Tunnel war zwar der erste Tunnel einer Alpenstrasse, doch das ihm half wenig, denn Morettini war pleite. Die Urner erkannten aber den Gewinn durch den Tunnel, erhöhten die Zölle und gaben Morettini nebst Lohn auch noch einen Bonus.



Der erste Tunnel, das sogenannte 'Urnerloch'. Schon beim Bild kann man erahnen, wie beschwerlich die Reise damals durch die Schöllenenschlucht war.

Doch weiterhin setzten Unwetter und später auch kriegerische Handlungen in der Schöllenenschlucht dem Verkehrsweg zu.


Am 25. September 1799 kam es zwischen Napoleon's Truppen und den Russen, geführt von Feldmarschall Alexander Suworow rund um die Schlucht zu Gefechten. Dabei wurde die Teufelsbrücke vollständig zerstört. Davon zeugt heute das 1898 errichtete Suworow Denkmal.


Das Denkmal, das all der tapferen Russen gedenkt, die hier gegen Napoleon kämpften.

Suworow war damals ein Hoffnungsträger der Schweiz. Politische Umbrüche umfassten in diesen Jahren Europa, kriegsführende Parteien wollten sich die Alpenübergänge sichern. Die Schweiz war damals nur lose organisiert und konnte ihre Neutralität nicht aufrecht erhalten und wurde unter Frankreichs Besatzumg zur 'Helvetischen Republik' erklärt. 1799 schlossen sich schliesslich Russland, Österreich und England zusammen, um gegen Napoleons Truppen zu kämpfen. Die Verluste auf allen Seiten waren immens. Bei weiteren Gefechten in der Schweiz war im Oktober 1799 aber klar, dass die Alliierten verloren hatten und Frankreich übernahm die Herrschaft über die damalige Eidgenossenschaft.


Auch für die Ursener waren die Folgen dieser Schlacht katastrophal: bis zu 10'000 Soldaten auf einmal sollten sie beherbergen und verköstigen. Weder Unterkünfte, Material noch Nahrung reichten auch nur annähernd, so dass bereits vor dem Winter keine Reserven mehr da waren. Alle, nicht nur die Ursener, brauchten in der Folge Jahre, um sich auch von den wirtschaftlichen Folgen des Krieges zu erhohlen.


Nun, da die Teufelsbrücke nicht mehr passierbar war, kein Geld mehr vorhanden, dauerte es rund 30 Jahre, bis die 2. Teufelsbrücke gebaut wurde. 1830 stand diese endlich und wird heute von Fussgängern und Velofahrern benutzt. Auf dem ca. 20 - 30 Minütigem Rundweg durch die Schlucht geht ihr ebenfalls über diese Brücke.


Auf dem Weg zur Teufelsbrücke passiert ihr erst dieses Restaurant und das Suworow Denkmal.

Da diese 2. Brücke mit ihrer schmalen Strasse dem immer grösser werdenden Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen war, wurde 1958 die dritte Teufelsbrücke gebaut. Über der Einfahrt in den Tunnel seht ihr das Teufelsbild, welches 1950 vom Urner Maler Heinrich Danioth geschaffen wurde. Dieses hing erst über der 2. Teufelsbrücke und wurde nach dem Bau der 3. Brücke an die heutige Stelle versetzt.



Blick vom Suworow Denkmal zum Restaurant und auf die zwei Brücken. Unten die 2. Brücke, oben drüber die 3. Teufelsbrücke mit Durchgangsverkehr.


Auf der 2. Brücke stehend könnt ihr zur 3. hochblicken. Links davon führt der Weg von der 2. Brücke durch die Schöllenen runter nach Amsteg. Und etwas weiter links im Bild wäre der Eingang zum Militärstollen.


Weiter gehts zum Eingang des Militärstollens.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Gebiet rund um den Gotthard militärisch gesichert, so auch die Schöllenenschlucht. Wäre der Kriegsfall eingetreten, wäre die Teufelsbrücke gesprengt worden, um den Durchgang durch die Schlucht zu erschweren. Durch den Stollen wäre es aber möglich gewesen, diese zu umgehen.


Einmal schnurstracks durch den Stollen...

...und auf der anderen Seite wieder raus. Oberhalb der Reuss seht ihr den Parkplatz, der am Ende der 3. Teufelsbrücke liegt.

Blick auf dem Rundweg zurück auf die zwei Teufelsbrücken und die Reuss.

Die Reuss.

Vielleicht könnt ihr euch noch an den letzten Blogbeitrag erinnern: als ich meine Schwester bei strömenden Regen in die Station Ritz 'geschleppt' habe. Ja, ja...es war dieselbe Heimfahrt, am selben Tag... und es regnete immer noch. Als wir den Furka passierten, musste sie dann nochmals raus aus dem Auto, einmal kurz vor und dann ein zweites Mal kurz nach dem Pass. Der Regen machte immerhin kurz mal Pause, aber alles war wolkenverhangen. Als wir dann weiterfuhren und der Regen wieder loslegte, kamen wir zur Schöllenenschlucht und ja, ihr vermutet richtig: meine Schwester durfte ein weiteres Mal aus dem Auto hüpfen...sie fand es dann nicht mehr so prickelnd, ständig bei Regen aus dem Auto zu steigen und hat mich nur kurz auf diesem Rundweg begleitet. Dann rollte sie mit den Augen, sagte was zu mir (ich wiederhole das jetzt absichtlich nicht...ähem) und setzte sich wieder ins trockene Auto. Aber nun kann sie ja den Rundgang virtuell nachgehen, gell Schwesterherz 🤗.


Aber es wäre zu schade gewesen, all die schönen Eindrücke zu verpassen, wenn wir ohne nach links und rechts zu schauen direkt von Brig nach Hause gefahren wären. Findet ihr nicht auch?


Bis bald


Corinna


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