Immer wieder habe ich davon gehört: wie hoch, wie kalt und wie schön es dort oben sei. Und wieviele Touristen sich dort tummeln. Dennoch stand das Jungfraujoch nie auf meiner Prioritätenliste...ja gut, ich hatte im Sinn, es wenigsten einmal im Leben mit eigenen Augen zu sehen, doch ob das heute, morgen oder in ein paar Jahren sein sollte, spielte keine Rolle. Und falls es doch nicht dazu kommen sollte? Tja nun...
Doch wie der Zufall so will: ich kam an einen Gutschein heran, so dass wir für die Fahrt nach oben nur noch die Hälfte zahlen mussten. Das bedeutete: nichts wie rauf auf den Berg! Mit einer Freundin verabredete ich mich für die vergangene Woche, den Weg ins ewige Eis zu unternehmen. Und während ich mich um einen Hundesitter kümmerte und diesbezüglich meine Schwester und Schwägerin anfragte, kam die erstaunte Antwort zurück: 'Ja, und wir? Können wir da nicht mitkommen? Da wollten wir doch immer schon mal hoch, aber der Preis...' Nun, da der Gutschein für vier Personen gültig war, stand dem ja nichts im Wege. Und für den Sitterdienst fand sich ein Kollege, der das übernahm.
Die Freundin und ich machten uns also ans buchen, doch schon da stellte sich die Frage: sollen wir die klassische Variante mit dem Zug oder den Express Weg mit der Gondel nehmen? Tja keine Ahnung...und wie sich später beim Ausflug selbst herausstellen sollte, hatten wir auch von vielen anderen Dingen keine Ahnung...Wir beschlossen auf gut Glück, die klassische Variante mit dem Zügli zu buchen, inkl. Sitzplatzreservation. Wer von uns hätte denn beurteilen können, was schöner wäre?
Gut gelaunt machten wir uns also auf den Weg nach Grindelwald, die Tickets in der Tasche und völlig ahnungslos, wie das Ganze dort aussieht. Wir kamen also im 'Terminal' an, dies war auf dem Ticket so vermerkt. Es stellte sich heraus, dass es sich beim Terminal ums Parkhaus, Express-Gondelstation und Bahnhof handelte. Hmm...Bahnhof? Und wir sollten irgendwo auf einen Zug? Also gingen wir in die Richtung, doch irgendwas stimmte nicht. Schliesslich gab uns eine Wanderin die Antwort: wir müssten mit der Gondel erst hoch zum Eigergletscher und dort ins Züglein umsteigen. Beim Bahnhof würde es sich um den 'normalen' Zug handeln. Gesagt, getan!
Schliesslich sassen wir in der Gondel, schwebten nach oben und genossen die Aussicht. Wir hatten auch eine wunderbare Aussicht auf ein grün-gelbes Zügli, das sich den Weg nach oben bahnte. Doch was hatten wir schon mit diesem Zug zu tun? Unserer wartete ja oben beim Eigergletscher!
Kaum dort oben angekommen, stellten wir fest: die nächste Abfahrtszeit stimmte nicht mit der auf unseren Tickets überein. Also hiess es erneut nachfragen. Der freundliche Mitarbeiter erklärte uns, dass wir erst auf den nächsten Zug müssten, doch auch hier stimmten die Zeiten nicht wirklich. Was soll's, sagten wir uns und taten uns an Ovi und Cappuccino gütlich. Den Eiger konnten wir leider nicht sehen, denn der hüllte sich nicht nur in Schweigen, sondern auch in Wolken.
Wir stellten uns ein weiteres mal in die Warteschlange für den Zug, doch die nette Dame erklärte uns, dass wir eigentlich auf der falschen Station wären. Wir hätten mit dem grün-gelben Züglein bis kleine Scheidegg fahren und bereits dort in den Zug steigen sollen, den wir nun nehmen wollten. Aha, also vom grün-gelben in den roten Zug umsteigen. Na, das haben wir definitiv verpasst. Die nette Dame meinte nur, sie würde uns selbstverständlich freischalten, damit wir nun mit diesem weiterkönnten. Das hat sie auch getan, als just in dem Moment ein weiterer Mitarbeiter kam und uns fragte, was wir hier machen würden, wir seien doch wohl am falschen Ort hier! Ach was! Das war uns neu!...'Ähem, na ja...' stammelten wir, '...die dort unten haben uns auf diesem Weg hochgeschickt. Wir haben doch extra nachgefragt!' Wohlweisslich verschwiegen wir, dass es irgendeine Wanderin war, die uns diese Auskunft gab, und offenbar genau so viel Ahnung hatte wie wir.
Wie dem auch sei, endlich sassen wir im roten Zug und fuhren los. Aussicht zwischen den Stationen Eigergletscher und Jungfraujoch gleich null, denn die ganze Strecke spielt sich im Tunnel ab. Ich muss zugeben, dass auch das niemand von uns wusste. Doch auf einmal gab ein ein Ruckeln und der Zug hielt. 'Eismeer: 5 Minuten Aufenthalt!' rauschte es aus den Lautsprechern. Zu zweit hüpften wir also raus, liefen der Masse nach und tatsächlich: eine eisige Welt tat sich vor uns auf. Es war beeindruckend, wir machten Fotos und wussten nicht, um welche Berge es sich dabei genau handelte. Und selbst, wenn mir jemand die Berge genannt hätte, ich hätte bereits wieder vergessen, wo welcher Berg steht.
Weiter ging es im Zug, durch den Tunnel bis hoch hinauf zum Jungfraujoch. Auch hier liefen wir einfach mit der Menge mit und erkundeten, was es zu erkunden gab.
Ihr könnt es euch vielleicht wie einen Rundgang auf dem Berg vorstellen: es gibt einiges zu besichtigen, die Aussicht auf den Aletschgletscher und Umgebung ist allemal fantastisch.
Doch beginnen wir mit der Alpinen Sensation. Ein Rundgang, der mit einer überdimensionierten Schneekugel beginnt und im 250 langen Korridor anhand von Bildern davon zeugt, welche Opfer, die Bergarbeiter brachten, um all dies hier zu erschaffen. Gedenktafeln erinnern mit Namen an einzelne von ihnen. Ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, wie die Männer hier geschuftet und gelitten haben müssen.
Weiter gingen wir zum Eispalast: im künstlich angelegten Gletscherstollen besichtigten wir auf einem Rundgang verschiedene Skulpturen aus Eis. Der Stollen wurde in den 1930er von Bergführern mit Pickeln und Säge erschaffen. Während sie undermüdlich daran schufteten, entstanden spiegelglatte Gänge und Hallen, auf deren Böden wir heutzutage vorsichtig herumgehen, resp. rutschen.
Unser Weg führte uns aus dem Berg raus, auf die sogenannte Sphinx Terrasse. Mit einem rasend schnellen Lift kamen wir dort hinauf. Angenehme Temperaturen herrschten, die Sonne schien und das Tal war wolkenverhangen. Und doch war der Ausblick atemberaubend. Aletschgletscher, Jungfraujoch, der Mönch: all das lag uns quasi zu Füssen. Das war der Augenblick, in dem mir klar war: doch, einmal im Leben sollte man das selbst gesehen haben!
Und dann ging es gleich nochmals an die frische Luft, und zwar auf das Gletscherplateau. Von hier aus konnten wir ebenfalls den Aletsch, Mönch und das Jungfraujoch sehen. Näher als von hier kommt man nicht mehr ran. Ausserdem konnten wir auch die Station Jungfraujoch mit Distanz betrachten.
Was wir nicht besichtigt haben, ist die Mönchsjochhütte. Ein Fussmarsch von etwa zwei Stunden hin und zurück führt zur höchstgelegenen bewarteten Berghütte der Schweiz. Doch auch die ist bestimmt einen Aufenthalt wert.
Bevor wir uns auf den Rückweg gemacht haben, schauten wir noch kurz in der Lindt Schokolade Ausstellung und Shop vorbei, und natürlich gab es noch einen Sack voll 'Schoggikugle'.
Schliesslich ging es auf den Rückweg und wir rätselten kurz, in welche Richtung der Zug wohl fahren würde. Der nette Schaffner fragte daraufhin: ' Was sehen sie dort, in dieser Richtung?' Antwort Freundin: 'Äh, den Tunnel?' Schaffner: ' Falsch! Das ist das Ende des Tunnels, da fährt nichts mehr durch.' Na, damit war die Fahrtrichtung geklärt...wie gesagt, wir hatten keine Ahnung wo es langgeht und haben unsere Orientierung bis zum Schluss nicht gefunden.
Wie auch immer, mit dem roten Zügli erreichten wir schliesslich die kleine Scheidegg, machten dort kurz Rast und mussten erst mal nachfragen, wo denn nun der Eiger ist. Und da sahen wir den Eiger endlich...Nicht! Immer noch in Wolken gehüllt stand er vor uns, irgendwo da im nirgendwo...aber das grün-gelbe Züglein, das haben wir gefunden und ....tadaa, haben es zum Abschluss auch noch geschafft in Grindelwald an einer falschen Station auszusteigen. Na ja, man kann nicht alles haben im Leben: einen tollen Ausflug und erst noch die Orientierung zu haben.
Wie sagte es meine Schwägerin treffend? 'Was für eine verpeilte Frauentruppe!'
Corinna
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