Vielleicht können sich noch die Einen von euch an meinen Beitrag zu den Open House Basel erinnern, und dass ich damals die Villa Merian und die Villa Ehinger besucht habe. Nun, über die Villa Merian konntet ihr bereits lesen, doch nun komme ich endlich zur Villa Ehinger.
Ludwig August Sarasin beauftragte 1829 seinen Bekannten, den Architekten Melchior Berry mit dem Bau einer Fabrikantenvilla oberhalb der 'Neuen Welt', auf dem heutigen Gelände des Gymnasiums in Münchenstein.
Eben erst von einer Reise nach Italien zurückgekehrt, war Melchior Berri so beeindruckt von der italienischen Renaissance, dass er die Gestaltung der Villa Sarasin (so hiess die Villa damals) danach richtete. Beim Bau wurde auf einen damals üblichen landwirtschaftlichen Betrieb verzichtet. Stattdessen wurde ein weitläufiger englischer Garten angelegt und auf der Fläche des ehemaligen Gemüsegartens befindet sich nun die Turnhalle des Gymnasiums von Münchenstein.
Leider erlebte der Bauherr die Fertigstellung der Villa im Jahre 1832 nicht mehr, da er im Jahr zuvor starb.
Verschiedenste Oberflächen wie Mosaik, Parkett und Bodenplatten ebenso wie Wandmalereien waren damals zu bestaunen. Einiges gibt es davon heute nicht mehr, so unter anderem die originalen Wandmalereien, die verschiedenen Renovierungen zum Opfer gefallen sind.
Als 1851 die Tochter von Ludwig A. Sarasin, Julie Sarasin, ihren Mann Ludwig Matthias Ehinger heiratete, kam die Villa in den Besitz der Familie Ehinger und wird seither auch so benannt. Ehinger liess die Villa sanieren und ersetzte viel von der Innenausstattung. So liess er unter anderem auch die ursprüngliche Malerei in der Verande nach seinem Geschmack übermalen.
Bis 1959 blieben Villa und Grundstück im Besitze der Familie Ehinger, dann wurde der ganze Besitz an die Gemeinde Münchenstein verkauft und von dieser im Jahre 1962 an den Kanton Basel-Land abgetreten. 1972 wurde das Gymnasium Münchenstein auf dem Grundstück errichtet, die Villa nach einem Umbau im Jahre 1973 als Musikschule eingeweiht, als was sie auch heute noch benutzt wird.
Ich muss ehrlich gestehn, dass ich nach der Führung etwas enttäuscht war. Wohl ist das eine oder andere Original noch zu bestaunen, so das Treppengeländer oder der ein- oder andere Fussboden. Ebenso die Wandverkleidung in einem der Zimmer im Parterre. Dennoch wirkte alles sehr nüchtern und versprühte auf mich so gar keinen Charme vergangener Zeiten.
Ich kann es nicht erklären, doch die Villa Merian hatte eine ganz andere Wirkung auf mich. Auch wenn diese als Café und Schulungsraum genutzt wird, war das Ambiente gänzlich anderst und ich konnte mich auch besser in die damalige Zeit hineinversetzen. Aber wie gesagt: ich kann nicht erklären, woran mein Empfinden für die beiden Gebäude so unterschiedlich war.
Nun, über die Familie Sarasin gäbe es soviel zu erzählen, dass ich kein Ende mehr finden würde. Der Name ist nach wie vor bekannt in Basel und gehört zum sogenannten 'Basler Daig'.
Doch zum Architekten der Villa möchte ich ein paar Worte schreiben: Melchior Berri (1801 - 1854) wuchs in einem evangelischen Pfarrhaus in Basel und Münchenstein auf.
Von 1817 - 1823 liess er sich bei verschiedenen Architekten ausbilden, arbeitete und studierte anschliessend in Paris weiter. Er studierte nicht nur bautechnische Fächer, sondern erlernte auch Fähigkeiten wie Gipser, Maurer und Steinmetz und zeichnete zudem Landschaften und Figuren.
1826 reiste er zusammen mit Josef Berckmüller, einem Architekten und Baubeamten, nach Italien. Fasziniert von der dortigen Bauweise und den Wandmalereien in Pompeji kehrte er nach Basel zurück und eröffnete 1828 ein Baugeschäft und eine Bau- und Zeichenschule. Der grösste Bau, der auf Entwürfe von Berri zurückgeht, ist das Naturhistorische Museum in Basel, bei weiteren Bauten handelt es sich um die Abdankungskapelle auf der Rosentalanlage und die oben erwähnte Ehinger Villa. 1998 wurde ein von ihm geschaffener Grabstein für die Pfarrfamilie Berri-Streckeisen neben der reformierten Kirche in Münchenstein gefunden. Weitere Bauten von ihm existieren nicht mehr oder wurden gar nicht erst nach seinen Entwürfen ausgeführt, darunter Luzerner Quai-, Hotel- und Quartieranlagen.
1832 heiratete Melchior Berr Margaretha Salome Burckhardt und bekam mit ihr elf Kinder.
Berri war künstlerisch veranlagt, arbeitete aber als Bauunternehmer. Es wird vermutet, dass dieser Spagat zwischen seiner Tätigkeit und seinen künstlerischen Neigungen dazu beigetragen hat, dass er schwermütig wurde und sich schliesslich 1854 das Leben nahm.
Tja, ein trauriges Ende...und damit endet nun auch der heutige Beitrag.
Eure Corinna
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