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Raron und Rilke

Corinna

Was haben Raron und Rilke gemeinsam? Richtig: den Friedhof. Das soll nicht despektierlich klingen, sondern aufzeigen, wie sehr Rilke das Wallis und den Oberwalliser Ort Raron geliebt hat.


Blick vom Dorf hinauf zur Burgkirche, links davon das alte Zendenratshaus aus dem 12. Jahrhundert.
Blick vom Dorf hoch hinauf zur Burgkirche, links davon das alte Zendenratshaus aus dem 12. Jahrhundert.

Raron liegt in der Walliser Ebene zwischen Steg und Visp. In der Ebene, wo die Industrie angesiedelt ist und einige Walliser in mehr oder weniger ansprechenden Orten leben. Auf den ersten Blick wirkt die Ebene, welche sich links und rechts der Autostrasse vom Lötschberg bis nach Brig hinzieht, recht unattraktiv. Zumindest auf mich. Doch wenn man sich die Zeit nimmt, die Orte zu erkunden, findet man so manches Kleinod.


Und von zweien, respektive dreien oder gar vieren davon, berichte ich euch heute. Und die befinden sich alle in Raron.


Beginnen wir mit Rainer Maria Rilke, dem österreichischen Lyriker:

er wurde am 4. Dezember 1875 unter dem Namen René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke in Prag geboren. Seine Kindheit war wohl nicht so einfach, denn die ältere Schwester verstarb im Jahre 1874 eine Woche nach ihrer Geburt. Dies führte vermutlich dazu, dass die Mutter, durch die Trauer um ihre Tochter vorbelastet, ihren Sohn die ersten sechs Lebensjahre als Mädchen grosszog. Und das wiederum belastete später die Mutter-Sohn-Beziehung.


Rainer Maria Rilke in jüngeren Jahren.
Rainer Maria Rilke in jüngeren Jahren.

Nachdem sich die Eltern 1884 trennten, wuchs Rilke eine Weile bei seiner Mutter auf, bevor er in die weiterführende Schule kam. 1895 bestand er sein Abitur und begann im selben Jahr in Prag Literatur, Kunstgeschichte und Philosphie zu studieren.

In den folgenden Jahren lernte er viele Künstler kennen und führte ein unstetes Leben. Dies auch trotz seiner Heirat im Jahre 1901, dem Jahr, in dem auch seine Tochter Ruth zur Welt kam.

Nachdem Rilke in seinen ruhelosen Jahren viele Länder in Europa bereiste, fand er in der Schweiz, genauer gesagt im Wallis, endlich seinen Lebenswohnsitz. Im Sommer 1921 bezog er das Château de Muzot, oberhalb von Siders. Doch nur zwei Jahre später erkrankte Rainer Maria Rilke und es sollte bis kurz vor seinem Tod dauern, bis klar war, worum des sich dabei handelte: um Leukämie. Nun, da er mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert war, notierte Rilke folgendes:

Ich zöge es vor, auf dem hochgelegenen Kirchhof neben der alten Kirche zu Raron zur Erde gebracht zu sein. Seine Einfriedung gehört zu den ersten Plätzen, von denen aus ich Wind und LIcht dieser Landschaft empfangen habe, zusammen mit allen den Versprechungen, die sie mir, mit und in Muzot, später sollte verwirklichen helfen.“

Und so geschah es dann auch: Rilke starb am 29. Dezember 1925 und wurde am 2. Januar 1926 bei Eiseskälte in Raron beigesetzt.


Und damit kommen wir zur Burgkirche St. Romanus, an dessen Südseite Rilkes Grab liegt.



In den Jahren 1414 und 1494 überschwemmte der Bietschbach die alte Dorfkirche, so dass der Beschluss gefasst wurde, eine neue Kirche auf dem Burghügel zu bauen. Unter der Leitung von Baumeister Ulrich Ruffiner wurde sie in den Jahren 1512 - 1518 um den alten Palas erstellt. Trutzig steht sie auf dem Felsvorsprung oberhalb von Raron, gut sichtbar von der Kantonsstrasse aus in der Ebene.


Diese steile und schmale Strasse führt hoch zur Burgkirche.
Diese schmale und steile Strasse führt hoch zur Burgkirche.

Der Weg zur Kirche führte mich steil bergauf durch die alten Häuser von Raron und wie ich im Sonnenschein hochging, begann ich trotz winterlichen Temperaturen zu schwitzen in meinem Wintermantel. Und während ich Schritt für Schritt weiterlief, erinnerte ich mich daran, wie ich, meine Schwester und meine Schwägerin vor Jahren von Kurt, dem verstorbenen Lebensgefährten meiner Mutter, dorthin geführt wurden und er uns viele Geschichten über Raron und das Wallis erzählen konnte. Das war zum einen unterhaltsam und zum anderen sehr spannend.


Die Kirche von der Rückseite....
Die Kirche von der Rückseite....

Blick über den Friedhof zum Zendenratshaus.
Blick über den Friedhof zum Zendenratshaus.

Rilke's Grab an der Südseite der Kirche...
Rilke's Grab an der Südseite der Kirche...

...versehen mit einem Gedicht über die Rose.
...versehen mit einem Gedicht über die Rose.
Der erste Blick beim Betreten der Kirche.
Der erste Blick beim Betreten der Kirche.

Ausblick von oben auf die wunderschönen Wandmalereien.
Ausblick von oben auf die wunderschönen Wandmalereien.

In der Kirche selbst war ich aufs Neue beeindruckt von den Wandbildern, die erst in den 1970 Jahren bei der Restaurierung wieder zum Vorschein kamen.


Blick von der Burgkirche auf Aaron. Rechts am Hang könnt ihr den Felssturz aus dem Jahre 2021 sehen.
Blick von der Burgkirche auf Aaron. Rechts am Hang könnt ihr den Felssturz aus dem Jahre 2021 sehen.

Und runter gehts wieder ins Dorf.
Und runter gehts wieder ins Dorf.

Nun gings wieder runter und weiter zur Felsenkirche St. Michael. Dort traf ich auf ein deutsches Ehepaar, das ganz begeistert von dieser Kirche war und wohl dachte, ich sei eine Einheimische. Erst recht, nachdem ich ihnen noch den Aufstieg zur Burgkirche und einen Besuch an Rilkes Grab vorschlug. Bei soviel Kenntnis der Sehenswürdigkeiten konnten sie ja nur glauben, dass ich aus der Gegend stamme 😉.


Blick auf die Burgkircheoben, darunter die Felsenkirche.
Blick auf die Burgkircheoben, darunter die Felsenkirche.

Die Kirchenglocken vor dem Eingang der Felsenkirche.
Die Kirchenglocken vor dem Eingang der Felsenkirche.

Direkt unter der Burgkirche wurden für die Felsenkirche in den 1970er Jahren 6000 Kubikmeter Gestein aus dem Fels gebrochen und die Kirche am 28. September 1974 eingeweiht.


Eingang zur Felsenkirche.
Eingang zur Felsenkirche.

Die Raumfläche beträgt 670 Meter im Quadrat und wirkt wie eine Höhle, da der Raum so belassen wurde, wie er herausgebrochen wurde. Lediglich die Oberfläche wurde mit Spritzbeton- und putz überzogen. Der Boden, welcher geglättet wurde, senkt sich zum Altar hin leicht ab und der ganze Bau wirkt irgendwie wie ein Amphitheater, wenn er denn nicht im Felsen wäre. Die Akustik in diesem Raum ist übrigens phänomenal.


Im Inneren der Kirche...
Im Inneren der Kirche, wo bis zu 500 Personen Platz finden. Es gibt noch weitere Bänke, die nicht auf dem Bild zu sehen sind.

Weihnachtliche Krippe, die die Kirche schmückt.
Weihnachtliche Krippe, die die Kirche schmückt.

Vielleicht fragt ihr euch, weshalb überhaupt eine Kirche in den Fels geschlagen wurde? Nun, eine eindeutige Antwort darauf konnte ich nicht finden, doch ich vermute, dass vielen Kirchgängern der steile Weg zur Burgkirche hoch zu beschwerlich war, vor allem bei Hitze, Schnee und Kälte. Und dass man dann noch ein Plätzchen im Felsen fand, um dort eine Kirche zu bauen.


Das Maxenhaus: gut erkennbar die Arkaden, welche den darunter liegenden und verschütteten Keller anzeigen.
Das Maxenhaus: gut erkennbar die Arkaden, welche den darunter liegenden und verschütteten Keller anzeigen.

Nach dieser Besichtigung schlenderte ich dann entspannt zum Auto zurück und genoss noch etwas die Sonne…und den Ausblick auf das Maxenhaus. Dieses wurde 1547/1548 von Stefan Maxen, dem Landvogt von Evian und Bannherren des Zenden Raron erbaut. Doch leider wurde dieses Haus seit seinem Bestehen immer wieder vom Bietschbach überschwemmt und schliesslich so mit Geröll geflutet, dass es den Keller zugeschüttet hat und die Arkaden von 1702 nun nur noch ab Höhe der Säulenkapitelle zu erkennen sind.


Der älteste Briefkasten der Schweiz...dies ist zwar nicht eindeutig bewiesen, aber möglich ist es ja, nicht wahr?
Der älteste Briefkasten der Schweiz...dies ist zwar nicht eindeutig bewiesen, aber möglich ist es ja, nicht wahr?

Und eine weitere Besonderheit des Hauses: an der Nordseite befindet sich eine Holztür, in der sich angeblich der älteste Briefkasten der Schweiz befindet. Und zwar aus der Zeit Napoleons, als das Wallis zum französischen Kaiserreich gehörte.


Seht ihr? Es gibt wirklich überall was zu entdecken, auch in Raron.


Nun wünsche ich euch einen guten Rutsch ins Neue Jahr und bis zum nächsten Mal.


Corinna

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