Soll man seinen Erinnerungen trauen?
Vor knapp 35 Jahren war ich für vier Monate mit meiner Kollegin Silvia in Südostasien unterwegs. Silvia schrieb jeden Tag in ein Tagebuch, was mich natürlich faszinierte und auch dazu bewegte, jeden Tag Tagebuch zu schreiben. Ich verzierte die Seiten mit Farbstiften, klebte die diversen Tickets ein, manchmal eine Postkarte etc. So entstanden in den vier Monaten zwei Tagebücher, die seitdem irgendwo im Keller versorgt sind.
Es war wirklich eine ganz tolle Reise mit vielen Eindrücken und tollen Erlebnissen. Ich denke gerne an diese Zeit zurück. Eines der ersten Dinge, die ich kaufte, waren schwarze Flipflops. Seit dem bin ich ja begeisterte Flipflop Trägerin. Ich machte unter anderem in Nordthailand ein viertägige Trekkingtour zu den diversen Bergvölkern, trug die Flipflops in Singapur, ausser wenn ich ins Raffles Hotel zu einem Drink ging natürlich nicht, ja die Flipflops wuchsen fast mit meinen Füssen zusammen.
Ja und auf meinen Reisen esse ich auch nie Fleisch. Ich bin schon seit meiner Kindheit so ziemlich "schmäderfrässig" was das Fleisch essen anbelangt, sprich habe nur wenig Fleischstücke gern. Also verzichte ich eigentlich immer auf Fleisch wenn ich auf Reisen bin. Ja und Silvia war damals schon Vegetarierin. Also war mein Spruch in Thailand no meet, no chicken please(chicken war damals für die Thais meist kein Fleisch).
Ja, und auch das mit dem Frühstück. Ich ass damals nur salziges zum Frühstück, keine Früchte. Was bis vor kurzem so war. Kam ich doch ende der 70iger Jahre krank aus Kamerun zurück, das stellte meine ganzen Essgewohnheiten auf den Kopf.
Vor drei Jahren hatte ich die völlige Krise. Ich fühlte mich leer und ausgelaugt und wusste nicht mehr, was ich eigentlich möchte. Aus unerklärlichen Gründen erinnerte ich mich an die erste von vielen folgenden längeren Reisen und wie gut die mir taten.
Ich hatte nur von der ersten Reise zwei Tagebücher und Dias, danach machte ich keine Bilder mehr und schreib nichts nieder. Im Nachhinein eigentlich schade, aber jetzt...
Also ich kam auf die Idee, meine Dias anzusehen und parallel zu den Bildern die Tagebücher zu lesen. Also ging ich auf den Estrich (Dachboden) und nahm meinen Diaprojektor ins Wohnzimmer. Ich installierte alles und die Bilder wurden auf die weisse Wand projiziert. Und dann fing ich an zu lesen und zu lesen, schaute Bilder an.
So verbrachte ich eine Nacht mit lesen und Bilder anschauen und danach war ich so was von erstaunt. Denn was las ich?
Ich kaufte mir in Chiang Mai, nachdem wir uns für das Trekking angemeldet hatten, rosarote Turnschuhe, damit ich besseren Halt habe. Aber es kam noch besser....
In Thailand ass ich Abends sehr gerne Poulet- und Rindfleischspiesse auf den rollenden kleinen Grillwagen, die auf der Strasse standen, ja, und in Bangkok ass ich im Restaurant Hello an der Khaosan Road die besten Müsli mit Früchten zum Frühstück.
Ja, da sass ich nun, völlig perplex und erstaunt wie das Gedächtnis mit einem spielt.
War ich doch bis zu diesem Zeitpunkt überzeugt, mit den Flipflops durch die Hügel von Nordthailand gewandert zu sein, kein Fleisch gegessen zu haben und immer Fried Rice oder Fried Noodels zum Frühstück gegessen zu haben. Ja noch bedenklicher, ich war völlig überzeugt von meinen Erinnerungen und hätte mir die Hand abhacken lassen. So überzeugt war ich.
Und nun kam die Wirklichkeit zum Vorschein. Ja, und ich werde mich hüten in der Zukunft auf meine Erinnerungen zu bestehen.
Gisela
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