Vage konnte ich mich daran erinnern, wie unsere Eltern meine Schwester und mich auf den Markt nach Domodossola mitnahmen. All die Stände mit Kleidern, Schuhen, Spielsachen und italienischen Spezialitäten, auch sie blieben in vager Erinnerung. Bis auf ein kleines Detail, doch davon erzähle ich euch erst nächste Woche etwas.
An was ich mich allerdings überhaupt nicht erinnern konnte, war die Fahrt über den Simplon. Über den Pass, der das Wallis mit Italien verbindet. Ich hatte keine Ahnung mehr, wie der Pass aussah, meine Mutter beantwortete mir diese Frage mit: 'Naja, grün halt. Und schön.'
Doch der Simplon ist weitaus mehr als nur grün. Als ich mich vor wenigen Wochen mit meiner Schwägerin und meiner Schwester auf den Weg nach Domodossola machte, war ich also nicht nur gespannt auf den Markt, sonder auch auf den Pass. Und was soll ich sagen? Ich war beeindruckt! Schwer beeindruckt sogar. Ich hatte ja keine Ahnung, dass es dort so schön ist. Alleine auf der Fahrt über den Pass gab es einiges zu entdecken, und das möchte ich euch heute zeigen. Auf gehts.
Wusstet ihr, dass das Hospiz auf Napoleon zurück zu führen ist? Nein? Ich auch nicht! Da Napoleon die strategisch günstige Lage erkannte, liess er von 1800 - 1805 die erste befahrbare Strasse über die Alpen, genauer über den Simplon bauen. Angeblich wollte er nach seiner Krönung zum italienischen König so schnell als möglich über den Simplon nach Paris zurückreisen. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen und nachdem was ich recherchieren konnte, ist Napoleon nie über den Simplon gereist.
Per Dekret befahl er 1801, ein Hospiz auf dem Pass zu erstellen, welches auch als Kaserne dienen sollte. Mit dem Bau wurde dann aber erst im Jahre 1813 begonnen, doch die Arbeiten wurden bereits ein Jahr später wieder eingestellt, da Napoleon 1814 gestürzt wurde. So stand der damals eingeschossige Bau still und verfiel, bis die Chorherren vom Grossen St. Bernhard das Hospiz übernahmen und das Gebäude 1831 fertig stellten.
Als wir vor wenigen Wochen vor dem Hospiz standen, waren die Türen verschlossen. Also erkundete ich ein wenig die Umgebung.
Das Hospiz, welches auch heute noch von den Chorherren betrieben wird, beherbergt heute ganzjährig Vereine, Schulklassen und Wanderer. Geführt wird es unter der Devise: 'Hier wird Christus angebetet und ihm gedient.' Ob und welchen Einfluss dies auf die Beherbergung hat, kann ich nicht sagen, Die Zimmer sind einfach und günstig, gegessen wird in der Gemeinschaft.
Gleich gegenüber des Hospiz' steht der Simplon Adler. Er ist das Wahrzeichen des Simplon Passes und ein Symbol der Wachsamkeit. Von der 11. Brigade im 2. Weltkrieg erbaut, überblickt der aus Granit gestaltete und ganze neun Meter hohe Adler den Simplon und passt genau, wie die Soldaten im Krieg auf, dass nichts passiert.
Im Betonsockel des Adlers befindet sich ein begehbarer Hohlraum, der aber nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Gebaut wurde dieser Hohlraum, weil der damalige Architekt und Bildhauer Erwin F. Baumann den Adler vor Erosionen schützen wollte.
Doch nicht nur der Hohlraum ist erwähnenswert, sondern auch die Inschrift, die auf dem Sockel gut lesbar ist:
'In der Freiheit der Berge steht es, ein wuchtiges Mal aus hartem Granit. Ein Gedenken treuer Pflichterfüllung, ein dauerndes Mahnen, willig und wach zu sein für unsere Freiheit.'
Doch es gibt noch mehr interessantes beim Simplon zu entdecken. Kommt ihr mit?
Auf der Fahrt weiter Richtung Süden passierten wir das alte Spittel und das Barralhaus.
Das alte Spittel, auch altes Hospiz genannt, wurde um 1650 von Kaspar Stockalper errichtet. Dieser entstammte einer einflussreichen Familie in Brig und kam so in den Genuss einer ausgezeichneten Ausbildung. Er besuchte verschiedene Universitäten in Europa und lernte sechs Sprachen, u.a. Latein. Zielstrebigkeit war wohl eine seiner herausragenden Eigenschaften, ebenso wie sein Geschäftssinn. Er erkannte die Wichtigkeit des Simplon für den Handel und liess den bereits damals bestehenden Saumpfad zwischen Brig und Domodossola ausbauen. Mit Namen wie 'Fugger der Alpen' oder 'König des Simplon' bezeichnet, beherrschte er die sogenannten drei grossen 'S': den Salz- und Soldatenhandel und den Simplonpass. Er kam zu grossem Reichtum und hielt auch in verschiedenen politischen Ämtern die Fäden in der Hand. In Brig liess er nicht nur Schulen und Kirchen erbauen, sondern auch das imposante Stockalper Schloss.
Das Spittel ist ein aus Granit gebautes Gebäude mit fünf Stockwerken. Wie auch der Stockalperturm in Gondo, diente es zum Schutz für Reisende, ihren Waren und den Tieren. Im fünften Stock befindet sich eine Hauskapelle, wie man an dem kleinen Glockentürmchen erkennen kann.
Und genau dieses Spittel beherbergte anfangs 1800 die Chorbrüder des Grossen St. Bernhards, welche schliesslich das bereits erwähnte Hospiz nach Napoleon fertigstellen.
Unterhalb des alten Hospiz ist das Barralhaus gut zu erkennen. Dieses wurde 1902 von Pierre-Marie Barral gebaut und sollte den Schülern seiner Missionsgesellschaft als Ferienhaus dienen. Doch Barral ging Konkurs, so dass das Haus erst 1924 fertig gestellt wurde. Ihr seht: nicht nur bei Napoleon dauerte der Bau länger als geplant, auch bei Barral verzögerte es sich. Scheinbar gelang es immerhin Kaspar Stockalper, seine Projekte durchzuziehen.
Heute sind sowohl Barralhaus als auch das alte Hospiz im Besitze des Militärs.
Ihr seht also, es gibt einiges zu entdecken auf dem Simplon, der alte Säumerweg kann teilweise erwandert werden und es gibt eine Strecke von Brig nach Domodossola, welche in 4 Tagen begangen werden kann. Das würde mich wirklich reizen, denn die Gegend ist atemberaubend und es gibt ja noch so viel mehr zu entdecken. Zum einen die raue Gegend und auch Simplon Dorf und Gondo sind bestimmt einen Besuch wert.
So, nun schliesse ich meine Eindrücke aber ab, genug erzählt...und nächste Woche gehts weiter mit Domodossola.
Bis dann
Corinna
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